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Die wichtigste Zahl im UX Design: 7

Wir leben in einer Welt mit einer exponentiell wachsenden Informationsmenge. Unser Hirn ist ständig damit beschäftigt, die relevantesten Informationen für uns herauszufiltern, um sie in unserem Kurzzeitgedächtnis zu speichern.

Psychologie und Design liegen nah beieinander. Gestalter kommen früher oder später auch mit den psychologischen Auswirkungen ihrer Designs in Kontakt oder sogar in Konflikt. Es ist nicht nur die psychologische Wirkung von Farben, die wir Designer uns zunutze machen können.

Designer sollten eigentlich ein Problem lösen, nicht verschönern.
Wenn wir einen Designprozess starten, sollten wir uns von Anfang an um die Organisation der Informationen kümmern. Und zwar so, dass sie für den Benutzer leicht verdaulich und verständlich sind. Es nützt nichts, wenn man sich an ein Design setzt, um die Anforderungen des Kunden umzusetzen, aber nicht zu hinterfragen, ob diese Anforderungen auch für den Endbenutzer Sinn machen und  ob es da eventuell Verbesserungspotential gibt. Als Designer können wir unseren Endbenutzer durch eine gut durchdachte UX positiv beeinflussen. Da spielt die Wahrnehmung unseres Hirns eine wichtige Rolle.

Je mehr wir über unser Hirn und die Psyche wissen, umso mehr können wir uns diese Erkenntnisse für unseren Designprozess zunutze machen.

Lass uns mit einem Experiment anfangen.
Nimm dir etwas, worauf du schreiben kannst. Stift und Papier. Auch TextEditor ist erlaubt. Schau dir die nachfolgende Liste mit den 20 Wörtern an. Versuche dir so viele Wörter wie möglich zu merken. Du hast dafür nur 30 Sekunden Zeit.

  1. Katze
  2. Apfel
  3. Auge
  4. Funktion
  5. Löwe
  6. Hersteller
  7. Ressource
  8. Pro
  9. Lebensmittel
  10. Schlaf
  11. Band
  12. Standard
  13. Tafel
  14. Windhauch
  15. Flüstern
  16. Ehrgeiz
  17. Dutzend
  18. Outfit
  19. Erinnerung
  20. Code

Schreibe jetzt die Wörter auf, an die du dich noch erinnern kannst.

Und?
Wie viele konntest du aufschreiben?
5-9?

Sehr wahrscheinlich wirst du nicht mehr als 9 Wörter aufgeschrieben haben. Es gibt zahlreiche Experimente, die diese „Einschränkung“ belegen. Im Durchschnitt können sich Menschen 7 Informationseinheiten kurzfristig merken.

Diese magische Zahl «7» nennt man die «millersche Zahl». Sie spielt in unserem Alltag eine sehr wichtige Rolle.

Was ist die millersche Zahl?

George A. Miller, ein US-amerikanischer Psychologe und Professor an der Princeton University, beschrieb 1956 die Tatsache, dass sich das menschliche Kurzzeitgedächtnis gleichzeitig nur 7 ± 2 Informationseinheiten (Chunks) merken kann. Es ist eine Tatsache, die wir nicht verändern können. Die Grösse des Kurzzeitgedächtnisses ist genetisch festgelegt. Wir können es auch nicht durch Training steigern.

Sieben Einheiten – plus minus zwei.

Das macht eine max. Anzahl von 9 Einheiten (Chunks). Alles, was die 9 überschreitet, wird für den Benutzer umständlicher. Und genau dieses Phänomen hat auch enorme Auswirkungen auf Design-Prozesse, da diese Einschränkung unseren Alltag beeinflusst.

Wird der Benutzer mit Informationen erschlagen, frustriert ihn das.

Je mehr solcher Chunks sich auf deinem UI befinden, desto mehr wird der Benutzer mental gefordert. Besonders ärgerlich ist es für Erstbenutzer, die keine Erfahrung mit unserem Produkt haben.

Die Regel: Organisiere zugehörige Einheiten (Chunks) immer in Kategorien, die die Anzahl an Chunks von 7 ± 2 nicht überschreiten.

Schaffen wir es, die Anzahl Elemente in relevante Kategorien zu organisieren, welche diese 9 Chunks nicht überschreiten, ist unser Gehirn in der Lage, sich besser zu merken, wo sich diese Dinge befinden und wo man auf dessen Funktionen zugreifen kann. Das Benutzererlebnis wird verbessert. Werden Listen zu gross, ist es für das menschliche Hirn schwieriger, sich diese wieder in Erinnerung zu rufen. Dies führt beim Benutzer nur dazu, dass er länger und umständlicher suchen muss, um an seine Informationen zu kommen.

Und soll ich dir mal was verraten? Benutzer haben keine Lust und keine Zeit, sich stundenlang mit deinen Infos und deinem Design zu befassen. Sie haben wahrscheinlich auch keine Lust, diesen langen Text zu lesen.

Was bleibt, ist der erste Eindruck. Oder der letzte.

Im Zusammenhang mit der millerschen Zahl gibt es noch ein anderes Wahrnehmungsphänomen: Menschen erinnern sich meistens an den Anfang und das Ende eines Erlebnisses. Wir nennen es den „Primacy-Recency“-Effekt.

Bei einer Liste von Wörtern erinnern sich die meisten also eher an die Wörter, die am Anfang oder am Ende der Liste waren. Der mittlere Teil wird ausgeblendet und nicht als wichtig erachtet.

Wenn sich Menschen also grundsätzlich eher daran erinnern, was am Anfang und am Schluss war, können wir dies in der Organisation nutzen. Wir können damit positive Erfahrungen stärken und negative lindern. Positioniere ich meine wichtigsten Informationen am Anfang oder am Ende? Wo fängt mein Erlebnis an? Wo endet es? Fragen, die sich jeder UX-Designer vor dem ersten Wireframe stellen sollte.

Fazit

Die millersche Zahl lehrt uns, dass Menschen nur eine geringe Kapazität an Informationsspeicherung haben. Eine Informationsüberflutung kann sich negativ auf die UX des Produkts auswirken. Beim Designprozess ist es also wichtig, sich schon viel früher die Frage zu stellen, wo und wie man seine Informationen organisieren möchte.

Wir betrachten unser Produkt anders als Endbenutzer. Viele vergessen den Prozess der Informationsorganisation, weil sie ihr Produkt kennen. Endbenutzer und vor allem Erstbenutzer haben aber nicht die Zeit, sich so lange mit unserem Produkt zu beschäftigen. Frustriert dein Produkt, werden deine Benutzer abspringen.

  1. Fokussiere dich also auf das, was wichtig ist
  2. Setze Prioritäten. Welche Informationen sind für den Benutzer wichtig?
  3. Plane deine Informationsorganisation sorgfältig
  4. Erschlage deine Benutzer nicht mit Informationen

Denk daran:
Niemand kann sich mehr als neun Wörter kurzfristig merken.

Geschrieben von:
Marina Katic, UX-Webdesignerin bei der raffiniert media AG